Das Schreiben des Marktkommentars ist aktuell nicht einfach. Zu schnell ist man dabei, den Krieg in der Ukraine mit all dem Leid der Menschen in den Vordergrund zu stellen. Das ist das, was wirklich wichtig ist und uns alle beschäftigt. Aber natürlich gibt es gerade jetzt auch viele Fragen und Unsicherheiten bei den Investoren, darum wollen wir versuchen, auch in diesem Marktkommentar einige nüchterne Fakten zum Markt zusammenzutragen. Und dabei ergibt sich noch ein weiteres Problem – es ist kaum möglich sich kurz zu fassen.
Wie von fast allen Analysten erwartet, standen seit Beginn des Jahres die Entwicklung der Inflation und der Zinsen im Mittelpunkt aller Betrachtungen und Überlegungen. Wie viele Zinserhöhungen wird es in den USA geben? Muss sich die EZB dem am Ende anschließen? Wird es für Investoren wieder interessanter in Anleihen zu investieren, statt am Aktienmarkt? Die letzte Überlegung trifft allerdings eher für USD-Anleihen zu. Die Inflationsrate in Deutschland und der gesamten EU lag in den letzten Monaten jeweils bei 5%. Das veranlasste die EZB dazu, eine Zinserhöhung in diesem Jahr nicht mehr auszuschließen. In der vergangenen Woche erhöhte die amerikanische FED erstmals die Zinsen, die Leitzinsspanne beträgt nun 0,25-0,5%. Das Zinsniveau bleibt damit weiter sehr niedrig.
Die 10-jährigen Anleihen des Bundes haben aktuell eine Rendite von 0,4%, die 10-Jährigen der USA (im USD) 2,2%. Dass die Jahresberichte der Firmen für das Jahr 2021 überwiegend den Erwartungen entsprachen oder darüber lagen, spielte bei den Kursentwicklungen kaum eine Rolle. Die erwarteten Zinserhöhungen haben am Markt für große Unsicherheit gesorgt, so dass die Aktienmärkte im Januar und Februar deutlich verloren haben – bis zum 24.02.2022. An diesem Tag begann am Markt eine neue Zeitrechnung. Gefühlt brachen mit dem Einmarsch Russlands in die Ukraine die Aktienkurse ein. Tatsächlich stiegen an diesem Tag die amerikanischen Aktienindizes, die europäischen brachen ein. Heute stehen Dow Jones und S&P500 höher als am 24.02.. Der Dax ist zwischenzeitlich um ca. 14% gefallen, steht heute etwa dort, wo er vor dem Kriegsbeginn stand. Auf Grund der großen Unsicherheit an den Märkten war eine Flucht in den USD und auch in Gold zu sehen. Der Ölpreis explodierte förmlich, auch ohne Verknappung des Angebotes und ohne größere Nachfrage, aber an den Börsen werden Erwartungen gehandelt. In der Branche verdienen einige zurzeit viel Geld. Und da wir gerade beim Verdienen sind – auch die Kurse mehrerer Firmen aus dem Rüstungssektor sind gewaltig gestiegen. Krieg, Sanktionen, neuer Eiserner Vorhang – wie wird sich nun die Weltwirtschaft entwickeln? Wie wird sich China verhalten? Es stellen sich gerade sehr viele Fragen. Man könnte sagen, nach jeder Krise haben sich die Märkte erholt – richtig! Immer waren Krisen gleichzeitig auch Gelegenheiten günstig in die Wirtschaft zu investieren – ebenfalls richtig! Und trotzdem ist zu erwarten, dass sich in der Wirtschaftswelt einiges ändert. Hat die Corona-Pandemie schon dazu geführt, dass Lieferketten gestört wurden, das von vielen Firmen wieder eine Lagerhaltung eingeführt wird, so wird die aktuelle Lage diese Problematik vertiefen. Die Wirtschaft steht einmal mehr vor großen Herausforderungen und wird sie sicher meistern, die Wirtschaft als Ganzes, nicht jede Firma und auch nicht jede Region oder Branche gleichermaßen. Daher lautet ein Kommentar zum Markt: Jeder sollte prüfen, ob er für die Zukunft gut aufgestellt ist.